Gute Führungskräfte sind schwer zu finden. Gute Entwicklungskräfte noch weniger. Warum ich glaube, dass Ersteres weitgehend ausgedient hat und Entwicklung die neue, zentrale Aufgabe von vielen Vorgesetzten sein sollte, lest Ihr in meinem neuen Artikel The Future of Management.
“The Riddle of the Middle” wird es negativ oft betitelt, häufig als “Lehmschicht” bezeichnet, die keine Informationen oder sonstige, erfolgsrelevante Ressourcen durchlässt. Die Rede ist vom mittleren Management, also den Teamleiter/innen, Abteilungsleiter/innen, Bereichsleiter/innen. Personen mit Personalverantwortung in Organisationen. Sie haben oft eine hierarchisch höher angelegte Position in einem klassischen Organigramm, verteilen Aufgaben, führen Mitarbeitergespräche. Sie verantworten die Leistung eines bestimmten Kollektivs an Mitarbeiter/innen. Ihre Fähigkeit oder Unfähigkeit entscheidet maßgeblich über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Sie sollen Sprachrohr der Geschäftsführung sein, Strategien in operative Handlungen umsetzen, Ziele erreichen, gleichzeitig Problemlöser/innen und Ansprechpartner/innen für die oft kleinen, jedoch in keinem Fall unwichtigen Angelegenheiten Ihrer Mitarbeiter/innen sein. Keine Leichte Aufgabe. Von der Ausbildung meist ohne relevante Führungskompetenz in einen operativen Job entlassen, wird das Mittlere Management häufig aufgrund hervorragender Arbeit in Ihrem operativen Job nach einiger Zeit zum Vorgesetzten erhoben. Das Ziel: Bindung der Besten Mitarbeiter/innen durch personelle Verantwortung. Ein Trugschluss, ein Fehler im System, wie ich finde. Hinzu kommt, weit erschwerend, eine grundlegend falsche Auffassung von den Aufgaben einer Führungskraft. Ich unterteile daher zwei Grundlegende Aufgabenstellungen, die es künftig zu lösen gilt:
Erstens. Mitarbeiter/innen personelle Verantwortung zur Bindung von Leistungsträger/innen zu geben ist ein veralteter, grundlegend falscher Ansatz. Die noch aus der Zeit des Militärs, der Bürokratie, der klassischen Hierarchie stammende Auffassung, die wichtigsten Personen in einer Organisation verantworten die meisten Mitarbeiter/innen bedarf einer grundlegenden Überarbeitung. Die verschiedenen Fähigkeiten, die fachliche und personelle Führung ausmachen sind zu unterschiedlich, als dass man Sie über einen Kamm scheren könnte. Das Set an Fähigkeiten, die Kommunikative Begabung, die Auffassungsgabe, die Fähigkeit Probleme objektiv zu betrachten werden leider nur selten in Ausbildung und Studium beigebracht. Führungskräfte Seminare sind ein gut gemeinter, das Problem maximal marginal flankierender Versuch dieses Ungleichgewicht zu lösen. Es kristallisiert sich oft erst später heraus, welche Personen in Unternehmen personelle, und welche fachliche Führung übernehmen sollten. Eine stärkere Trennung zwischen diesen Beiden Ausprägungen ist daher unabdingbar, um das “Riddle of the Middle” nachhaltig zu beheben, sowie kontinuierlich zu entkräften. Hierzu bedarf es oft einer Reform der HR Strategie. Leistungsvergütung, Karrierepfade, Perspektive, Sichtbarkeit, Fortbildungsmaßnahmen gehören daher einem neuen Schema angepasst, das Mitarbeiter/innen dort sieht und entwickelt, wo sie zu Ihrer vollen Größe heranwachsen können. Ziel sollte es sein, das Stigma, je mehr Mitarbeiter/innen eine Person verantwortet, desto wichtiger für das Unternehmen, ad acta zu legen. So können falsche Motivations- und Beweggründe für personelle Verantwortung abgebaut werden. Sehr häufig sind die eigentlichen Meinungsträger und sozial anerkannten Personen in Organisationen weit mächtiger als die dazu durch Position befähigten Personen.
Zweitens. Die Aufgaben einer Führungskraft mit personeller Verantwortung werden heute weitgehend falsch verstanden. In Anlehnung an den ersten Punkt, die adäquate Entwicklung von Mitarbeiter/innen anhand von unterschiedlichen Karrierepfaden, bedarf es daher aus meiner Sicht einer Überarbeitung des Begriffes Führungskraft. Die zentralen, Erfolgs entscheidenden Aufgaben eines/einer Vorgesetzten mit personeller Verantwortung sind in vielen Organisationen schon lange nicht mehr nur das traditionelle Führen unter Zuhilfenahme von Zielen, KPIs, Deadlines und Aufgaben, sondern gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und einem stärker werdenden War for Talents weit eher das kontinuierliche, individuelle Entwickeln der Mitarbeiter/innen. Die durch Digitalisierung und Automatisierung vorangetriebene Arbeits-Umlagerung von Mensch auf Technik wird die Relevanz von korrekt eingesetzten, glücklichen Arbeitnehmern/innen um ein vielfaches erhöhen. Der Wert eines jeden Mitarbeiters, sofern richtig entwickelt und gut positioniert, wird daher in Zukunft sehr deutlich steigen. Unternehmen werden es ich schlicht immer weniger leisten können, falsch eingesetzte oder nicht zu Ihrem vollen Potential entwickelte Mitarbeiter/innen zu beschäftigen. Ein äußerst dankenswerter Ansatz ist daher die Reformulierung von Führungskraft in Entwicklungskraft. Sicher bleiben gerade in hierarchischen Organisationen Aufgaben wie das Setzen von Zielen nach KPIs oft Bestandteil der Rolle eines/einer Vorgesetzten. Die Gewichtung dieses Teils der fachlichen Führung, sollte jedoch gerade bei Personen mit Personalverantwortung absolut in den Hintergrund rücken. Sofern die Ziele anhand einer klaren, durch das Top Management ausformulierten Strategie in Aufgaben und damit Leistungspakete heruntergebrochen werden können, bedarf es eines/einer Vorgesetzten, die Ihre Mitarbeiter/innen anhand dieser Strategie entwickelt, anstatt Aufgaben an dieser Strategie zu entwickeln.
In Bezug auf das Mittlere Management möchte ich folgendes Resümee ziehen. Grundlegend bin ich der Auffassung, dass The Future of Management zum einen fachliche und personelle Führung trennt, als gleichzeitig den Stellenwert dieser beiden Ausprägungen auf das identische Niveau hebt. Unter dieser Annahme könnte eine personelle Führungskraft daher als Entwicklungskraft wahrgenommen werden und das künftig weiterhin wertvollste Gut eines Unternehmens, die Mitarbeiter/innen, wieder stärker in den Vordergrund rücken. Die Rolle des Top Managements beinhaltet aus meiner SIcht in Zukunft noch weitere, hier ausgelassene Facetten, welche ich gerne in einem weiteren Artikel beleuchten möchte.
Ich freue mich riesig über eure Kommentare und Ideen zu diesem Thema.
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